In Christus Spaltungen überwinden: Holger Bartsch ist Kulturhauptstadtpfarrer 2025 und lädt zum Versöhnungsforum vom 3.-4. Oktober nach Chemnitz ein. Mitmachen geht am Tag der Deutschen Einheit auch bei „Deutschland singt und klingt!“.

Foto: Michael Baudisch
Die Wirkung der NS-Zeit und der Diktaturen im Ostblock reicht bis heute in Biografien, Familiengeschichten und ins gesellschaftliche Gefüge hinein. Diese Erfahrungen haben auch uns im Osten Deutschlands nachhaltig geschadet. Brüche in der Geschichte eines Landes, eines Volkes, einer Gesellschaft verursachen Verletzungen, Schmerzen, Trennungen, Entfremdung, Hass. Die Sehnsucht nach Versöhnung bleibt lebendig, gerade dort, wo persönliche und gesellschaftliche Schmerzen ungelöst sind. Aber Versöhnungsprozesse sind herausfordernd. Oft genug wird Hass und Ablehnung Raum gegeben oder es wird die Erinnerung angepasst, um sich den schweren Prozessen der Erkenntnis von Fehlern und Schuld nicht stellen zu müssen.
Drei Autoren und eine Autorin haben versucht, Impulse in die jüngsten Debatten um die ostdeutsche Gesellschaft zu geben: Katja Hoyer („Diesseits der Mauer“) aber schrieb eine glattgezogene Märchen-DDR fort und spülte jedes Element weich, das die Diktatur infrage stellte – beispielsweise spielen auch die Kirchen in ihrem Blick auf den Osten nur eine marginale Rolle. Dirk Oschmann („Der Osten: eine westdeutsche Erfindung“) streichelt diejenigen im Osten, die sich in einer Opferrolle eingerichtet haben. Steffen Mau („Ungleich vereint“) wiederum öffnet soziologische Blicke auf die Gesellschaft und Ilko-Sascha Kowalczuk gibt in seinem Buch „Freiheitsschock“ endlich einen ungeschönten Blick auf die DDR-Vergangenheit frei. Allein an Empathie scheint es ihm ein bisschen zu fehlen – und man spürt, wie eine harte Utopie der Freiheit im Hintergrund mitschwingt. Nur Bodo Ramelow von der Linken scheint sich Kowalczuks Analyse prominent zu widmen: Mit dem gemeinsamen Dialogbuch „Die neue Mauer“ wollen beide zur Umkehr mahnen. Um aber eine echte Begegnung zu sein, fehlt diesem Gespräch die Beteiligung eines ehemaligen SED-Parteifunktionärs sowie eines Pfarrers (oder eines anderen Christen).
Mit diesen letztgenannten beiden Autoren scheint uns als Christen im Osten zu einen, dass wir Heilung und Neues dort entstehen sehen, wo wir Brüche wahrnehmen, sie in den Blick nehmen und neu lernen, damit umzugehen. Das versuchen Ramelow und Kowalczuk. Aber was ist unser Beitrag als Christen, als GGE? Was können wir als Christen, als Kirche einbringen, wenn sich eine Gesellschaft unter ihren Schmerzen und Brüchen windet?
Ich gebe diese Antwort: Unser Beitrag kann in einer Erinnerungskultur liegen, die vom Blick auf Christus bewegt ist. Christus geht den Weg, der durch Vergebung zu Versöhnung führt und wodurch sich die Tür zu einem erneuerten Miteinander öffnet. Von ihm kommt die Freiheit für einen Neuanfang und der Frieden für die Zukunft.
Deswegen setzte die Kulturkirche mit ihrem Programm zum Europäischen Kulturhauptstadtjahr Chemnitz 2025 besondere Akzente für eine versöhnliche Erinnerungskultur. Eine Kultur der Versöhnung in allen gesellschaftlichen Bereichen einzuüben, wurde ein roter Faden für alle unsere Aktivitäten.
Auf der Suche nach einer solchen versöhnlichen Erinnerungskultur sind wir fündig geworden: Es gibt eine Vielzahl kleiner Initiativen um uns herum. Diese untereinander zu vernetzen und damit zu ermutigen, nehmen wir als ökumenisches Team der Kulturkirche 2025 und als Christen in Chemnitz als eine unserer Aufgaben an. Was wir aber ganz besonders einbringen können, ist der Blick auf Christus: Auf unsere Fürbitte, Gebet und identifizierende Buße hin erwarten wir die Kraft Christi.

Herzliche Einladung zum Versöhnungsforum
am 3.-4. Oktober 2025 in Chemnitz
Als ein Höhepunkt dieser Arbeit laden wir euch alle am 3.-4. Oktober 2025 zu einem Seminartag und Forum zum Thema Versöhnung nach Chemnitz ein: „Wahrhaftigkeit heilt – Versöhnung als kollektive Herausforderung nach zwei Diktaturen in Folge“, so der Titel.
Wir starten am 3. Oktober, 18 Uhr, auf dem Neumarkt in Chemnitz mit „Deutschland singt und klingt“, einer Gedenkfeier zum Tag der Deutschen Einheit. Um 20 Uhr schließt sich ein Begegnungsabend mit verschiedenen Versöhnungsinitiativen in der Jugendkirche St. Johannis an.
Am Samstag, 4. Oktober, laden wir von 9 bis 18.30 Uhr zum Forum und Studientag in die Jugendkirche ein. Wir möchten Räume der Vernetzung schaffen, einander kennenlernen, Synergien entdecken. Der Bürgerrechtler und Theologe Frank Richter, die Psychologin Cornelia Stieler und die Nagelkreuzgemeinschaft werden Impulse setzen; Matthias Wanitschke, Thüringer Landesbeauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, erzählt als Initiator eines Täter-Opfer-Projekts Hoffnungsgeschichten. Hartmut Rosinger, ehemaliger Stasi-IM, und sein durch ihn geschädigter Freund Peter Wulkau berichten von ihrem ganz persönlichen Weg der Aufarbeitung und Versöhnung.
Kommt nach Chemnitz, um mit uns zu beten und echte Veränderung zu erleben, die Hoffnung macht!
Alle Informationen zur Anmeldung und zum Programm findet ihr hier.

Tag der Deutschen Einheit: Singt und betet alle mit!
Zum 35. Mal jährt sich 2025 die Deutsche Einheit: Dazu lädt die Initiative „Deutschland singt und klingt“ wieder am Freitag, 3. Oktober, um 19 Uhr alle Generationen und Kulturen zum offenen Singen und Feiern auf den Plätzen der Städte und Dörfer ein. Hunderte Chöre, Kapellen, Kirchen und Vereine machen bundesweit jedes Jahr mit. Willst du eine Aktion in deiner Nähe finden? Das geht hier per interaktiver Karte. Oder du stellst selbst etwas auf die Beine: Alle Infos zur Anmeldung deiner Gesangs- oder Musikgruppe, Tipps zur Organisation und Näheres zu den 11 Liedern findest du hier.
Deutschland betet gemeinsam: Zusammen mit Christen aus unterschiedlichen Kirchen und Gemeinden beten wir zusammen per Livestream auf Youtube und Bibel TV am Freitag, 3. Oktober, 20.15 Uhr.
Das große Bürgerfest zum Tag der Deutschen Einheit 2025 findet in Saarbrücken (Saarland) statt: Von 2.-4. Oktober wird unter dem Motto „Zukunft durch Wandel“ mit Live-Bühnenprogramm, Kunst und Kultur, mit Dialog und Diskussionen und Angeboten für alle Generationen gefeiert. Alle Infos zum Bürgerfest hier.
Der ökumenische Gottesdienst zum Tag der Deutschen Einheit wird am Freitag, 3.Oktober 2025, ab 10 Uhr live in der ARD übertragen und ist anschließend in der ARD-Mediathek verfügbar. Den offiziellen Festakt überträgt ab 12.15 Uhr das ZDF live.