Bauern beten für den Frieden

Warum sind die Landwirte so aufgebracht? Markus Ehrmann, Landwirt und württembergischer Synodaler, benennt Gründe und Gefahren. Er lädt uns ein mitzubeten für Frieden und Veränderung.   

Blumenfeld der Löwenhof GbR

„Aktuell herrscht viel Wut, Ärger und Unruhe unter den Landwirten“, so schrieb es mir ein befreundeter Landwirt am Altjahrsabend. In der vergangenen Woche haben die Landwirte ihren Protest auf die Straße getragen, inklusive einer Großdemo in Berlin am Montag, das haben wahrscheinlich alle mitbekommen.

Warum die Bauern demonstrieren

Warum gehen die Bauern eigentlich auf die Straße? Der geplante Abbau der Steuererleichterungen für Agrardiesel und landwirtschaftliche Fahrzeuge (der für uns einer Steuererhöhung gleichkommt) hatte das Fass zum Überlaufen gebracht, das war in vielen Berichten und auf Plakaten zu lesen. In der Tat, es hat sich viel angestaut. Ich könnte Seiten füllen mit Beispielen überbordender Bürokratie und Vorschriften, die teilweise weder ich noch die Landwirtschafts- und Veterinärbehörden verstehen.

Beispielweise wird deutschlandweit festgelegt, ab welchem Datum welche Flächen wie bearbeitet werden dürfen. Wir arbeiten aber mit der Natur und die hält sich nun mal nicht an den Kalender. Um die Arbeiten auf dem Feld fachlich richtig ausführen zu können, benötigen wir das passende Wetter, nicht zu nass, nicht zu trocken und davon ausreichend.

Keine Frage, es braucht Regeln und Gesetze, denn auch wenn es im ureigenen Interesse der Landwirte liegt, ihre natürlichen Ressourcen wie Ackerland zu erhalten und zu verbessern, so brauchen wir doch allgemeingültige Standards. Aber es wurde übertrieben, wir Landwirte haben das Gefühl, dass uns die Kompetenz abgesprochen wird, Pflanzen richtig anzubauen oder Tiere gut zu halten. Die Unzufriedenheit ist aus meiner Sicht berechtigt. Die Haltung zur Landwirtschaft muss sich in der Gesellschaft verändern.

Unzufriedenheit ja – aber Wut?

Aber WUT? Wut auf die Regierung oder Aufrufe zum Generalstreik sind im Kontext der Proteste ebenfalls zu lesen. Daraus kann der Eindruck entstehen, die Proteste wären von rechtsradikalen Gruppen unterwandert. Es wäre falsch, alle Protestierenden in die rechte Ecke zu schieben. Der Bauernverband und viele Verantwortliche legen Wert darauf, immer wieder zu betonen, dass rechtsradikale Parolen hier keinen Platz haben! Auf einem Plakat war zu lesen: „Landwirtschaft ist bunt und nicht braun!“

Was mir Sorge macht

Dennoch besorgt es mich zutiefst, dass große Teile unserer Bevölkerung für Parteien und Parolen mit rechtsextremem Inhalt offen sind. Dies gilt auch für die Landwirte. Ich sehe immer wieder den Versuch von rechtsorientierten Menschen, Veranstaltungen und Gruppen zu unterwandern. Es werden Fahnen oder Poster mit demokratiefeindlichem Inhalt präsentiert, um den Eindruck zu erwecken: Alle, die sich bei dieser Demo beteiligen, sind rechtsextrem. Das ist eine große Gefahr!

Wo immer versucht wird, demokratiefeindliche Inhalte zu transportieren, gilt es aufzustehen und diese zurückzuweisen. Dann heißt es, für ein demokratisches Miteinander und Respekt einzustehen. Nur so können wir Frieden und Freiheit erhalten.

Vielfältige Landwirtschaft ist ein hoher Wert

Mein Zwischenfazit: Die Proteste haben bislang bewirkt, dass die Bevölkerung über die Landwirtschaft spricht und hoffentlich wahrnimmt: Es ist ein hoher Wert, eine vielfältige Landwirtschaft mit vielen landwirtschaftlichen Höfen im Land zu erhalten. Gleichzeitig sehe ich auch, dass rechte Gruppen ein Interesse haben die Unzufriedenheit zu nutzen, um Unfrieden zu stiften.

Wir rufen auf zum „Landfriedensgebet“

Als Christen haben wir in jedem Land und System der Erde eine große Möglichkeit: Wir können uns im Gebet an den allmächtigen Gott wenden. Zusammen mit einigen Landwirten haben wir deshalb sehr kurzfristig einen Gebetsaufruf für ein „Landfriedensgebet“ für Frieden und Veränderung verfasst und im ganzen Land verbreitet. Darin rufen wir auf dafür zu beten, dass die Demonstrationen sachlich und friedlich verlaufen, keine Personen zu Schaden kommen, dass in der politischen Debatte und im täglichen Miteinander wieder mehr christliche Werte Einzug halten und dass die Demos auf demokratischer und rechtsstaatlicher Ebene ablaufen.

An verschiedenen Orten in Franken und Nordwürttemberg haben am Vorabend der sogenannten Aktionswoche Gebetstreffen mit bis zu 70 Personen stattgefunden. Ein Besucher zitierte einen Bekannten, der zwar meinte: „Das Gebet bringt so viel wie das Demonstrieren, nämlich nichts.“ Wir sind aber überzeugt, dass es anders ist. Das Gebet ist an den lebendigen Gott adressiert und es lässt uns demütig werden. Es macht uns bewusst, über uns Menschen steht Gott. Vor ihm müssen wir Rechenschaft ablegen und wir dürfen getrost sein, er hat alles in der Hand, auch die Zukunft unseres Landes.

Betet mit!

Ich lade euch ein: Betet mit für die Situation der Landwirte, aber auch für unsere Regierenden und unser Land (siehe Kasten „Gebet für den Landfrieden“). P.S.: Wenn ihr wirklich wissen wollt, wo und wie Lebensmittel in Deutschland erzeugt werden, sprecht die Landwirte an. Besser noch, macht ein Praktikum auf einem landwirtschaftlichen Betrieb. Ich bin mir sicher, viele Aussagen und Gleichnisse der Bibel, die beispielsweise über Disteln und Dornen, Segen und Fluch auf dem Acker oder von der guten Saat sprechen (zum Beispiel im Matthäusevangelium, Kap. 13), werden eine ganz andere Bedeutung für euch bekommen.

Gebet für den Landfrieden 

Wir beten (auch für zukünftige Demonstrationen) gemeinsam, dass
• alle Demonstrationen friedlich und auf sachlicher Ebene stattfinden, 
• keine Personen zu Schaden kommen, 
• alles auf demokratischer und rechtsstaatlicher Ebene abläuft, 
• alle Redner und Verantwortlichen bei den Demonstrationen bedachte Worte finden, 
• die Organisation der einzelnen Veranstaltungen reibungslos verläuft, 
• sich durch die Demonstrationen perspektivisch der Kontakt zwischen Regierungen und Volk verbessert und mehr Bürgernähe entsteht, 
• in der politischen Debatte wieder mehr christliche Werte Einzug halten (das gilt auch für das tägliche Miteinander unter unseren Mitmenschen), 
• sich mehr Christen in der Politik engagieren. 

„Alles was ihr tut, geschehe in Liebe.“ (1. Korintherbrief, Kap. 16, V. 14 – Jahreslosung 2024) 

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Markus Ehrmann

Dr. Markus Ehrmann betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb, die Löwenhof GbR bei Rot am See (Landkreis Schwäbisch Hall), mit Wildpflanzensaatgutvermehrung, Ackerbau und Schweinehaltung. Er ist Mitglied der Württembergischen Landessynode.

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