Jesus ist weg! Was gibt’s da zu feiern?

Heute ist Christi Himmelfahrt. Was dieser Feiertag mit unserem Leben als Christen zu tun hat, lotet Swen Schönheit für uns aus.

aufbrechender Himmel

Himmelfahrt ist ein schwieriger Tag: Vatertag, Herrentag, Tag des Herrn? Bereits die sprachliche Verwirrung ist perfekt. Kaum ein anderer kirchlicher Feiertag ist inzwischen so sinnentleert. Auch Insidern und Kirchgängern fällt es schwer, seinen Inhalt plausibel zu machen. „Frohe Ostern!“ klingt gut. „Schöne Pfingsten“ geht auch. Doch Himmelfahrt – was gibt’s da zu feiern?

Im Gottesdienst sprechen wir das Apostolische Glaubensbekenntnis mit: Jesus Christus ist „am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen …“. Wenn Jesus von der Erde wegging, in die Gegenwart seines Vaters zurückkehrte und eines Tages vom Himmel her wiederkommen wird, welchen Mehrwert hat dies für uns?

Schon von den Jüngern wird berichtet, wie sie am Tag der Himmelfahrt „noch wie gebannt zum Himmel hinaufblickten – dorthin, wo Jesus verschwunden war“ (Apostelgeschichte, Kap. 1, V. 10). Welche Perspektive blieb ihnen, nachdem ihr Meister „in den Himmel aufgefahren“ war?

Sollte Jesus im Weltall zu finden sein?

Erst einmal stellt Himmelfahrt unser Weltbild infrage. Was bedeutet „Himmel“? Wo ist er? Und was hat der Himmel mit unserem Leben auf der Erde zu tun?

Alexander Gerst postete im Dezember 2018 von Bord der Raumstation ISS eine eindringliche „Nachricht an meine Enkelkinder“. Der deutsche Astronaut erinnerte mit dem Blick von oben an die Zerbrechlichkeit und Einzigartigkeit unseres „wunderschönen Planeten“ und mahnte, die Erde der nächsten Generation in einem besseren Zustand zu hinterlassen. Schon im April 1961 umrundete der russische Kosmonaut Juri Gagarin als erster Mensch an Bord einer Raumkapsel die Erde. Nach seiner Rückkehr aus dem All soll er gesagt haben, er habe Gott im All nicht gefunden. Heute mehren sich die Stimmen, die meinen, das berühmte Zitat sei dem russisch-orthodox getauften Gagarin nur zu sozialistischen Propagandazwecken in den Mund gelegt worden. Entsprechend galt Himmelfahrt auch in der atheistischen DDR lange Zeit nicht als Feiertag.

Laut einer Insa-Umfrage (Erfurt) hielten 2015 fünf Prozent der Deutschen Himmelfahrt für eine Luftfahrtschau. Ist der Anlass für den Feiertag etwa die „Raumfahrt Christi“?

Unsere Kirche spricht kaum mehr vom Himmel …

Ich finde es erstaunlich, wie wenig im Raum der Kirche vom Himmel die Rede ist. Die Lieder in unserem Gesangbuch sind voll von der Sehnsucht nach der himmlischen Heimat, sie schließen häufig mit einem Ausblick auf die Ewigkeit. Wieso ist diese Dimension unserer zeitgenössischen Verkündigung nahezu verlorengegangen? Genügt uns die Erde? Sind wir mit dem Diesseits, mit „Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ so beschäftigt, dass wir nicht mehr mit der unsichtbaren Wirklichkeit rechnen? Bleibt uns von der Bibel am Ende nur ein Ratgeber, der Anweisungen gibt für ein besseres Leben auf dieser Erde?

Natürlich ist es naiv, die biblische Rede vom „Himmel“ oder der „kommenden Welt“ mit dem Kosmos zu verwechseln. Dennoch musste ich in vielen Beerdigungsgesprächen lernen, die Menschen auch darin ernst zu nehmen, dass sie ihre Angehörigen nun irgendwo „auf einer Wolke“ oder „da oben bei den Sternen“ vermuten. Die Bibel hat jedoch eine andere Vorstellung von der unsichtbaren himmlischen Welt und die gilt es wiederzuentdecken!

… dabei reicht der Himmel bis auf die Erde!

Dass dem auferstandenen Christus jetzt schon „alle Macht im Himmel und auf der Erde gegeben“ ist, bildet den Schlussakkord des ersten Evangeliums (Matthäus, Kap. 28, V. 18). Die letzte Autorität des Auferstandenen wird zwar mehrheitlich nicht anerkannt, dennoch hat Gott ihm die Herrschaft über alle Völker versprochen (nachzulesen z.B. beim Propheten Jesaja, Kap. 2, V. 4 und Kap. 11). Damit ist ein neuer Zielpunkt für die Menschheitsgeschichte gesetzt: Gottes Friedensreich wird kommen, die Schöpfung wird am Ende erneuert!

Der in den Himmel aufgefahrene Jesus „wirkte mit ihnen und bekräftigte das Wort“ seiner Zeugen, sagt uns das Markusevangelium (Kap. 16, V. 20). Es gibt tatsächlich eine „Zusammenarbeit“ (so wörtlich) zwischen Himmel und Erde. Wer Jesus nachfolgt, ist nie allein. Wir dürfen mit seiner Unterstützung und Rückendeckung rechnen!

„Vom Himmel her erwarten wir auch unseren Retter Jesus Christus“, war die Gewissheit des Paulus. Christus wird „unseren unvollkommenen Körper umwandeln und ihn seinem eigenen Körper gleichmachen“, schreibt er im Brief an die Philipper (Kap. 3, V. 20-21). Wir haben ein Zuhause, das nicht von dieser Welt ist. Wir werden – wie der „Prototyp“ Jesus – auferweckt und ebenfalls einen unvergänglichen Leib „überziehen“. Das sind doch gute Perspektiven, ausgelöst durch Himmelfahrt!


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Swen Schönheit

Swen Schönheit ist evangelischer Pfarrer in Berlin-Heiligensee und 1. Vorsitzender der GGE Deutschland.

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