Der religiöse Rebell setzt sich zwischen alle Stühle

Drumherum reden ist nicht sein Ding. Mit Volk wie Herrscher spricht Johannes der Täufer Klartext – und bereitet auf die Ankunft des Retters vor. Henning Dobers nimmt uns in einer vierteiligen Reihe mit auf die Reise zu Johannes. Teil 3: Der religiöse Rebell redet keinem nach dem Mund.

Profilbild Johannes der Täufer

In der Kunst wird Johannes der Täufer oft mit einem Kreuzstab und einem Lamm dargestellt, in der Ostkirche auch als Bote mit Flügeln. Häufig zeigt er mit dem Finger deutlich von sich weg auf das Lamm, auf Christus. Er ist ein wilder Typ im Kamelhaargewand, berufen, der Wegbereiter des Messias und damit Vorbote Jesu zu sein. Entsprechend wird Johannes der Täufer in evangelischen Kirchen oft zentral auf der Kanzel positioniert: Auch die Predigt soll immer auf Christus weisen. Johannes ist die herausragende Figur einer Schwellenzeit, er ist das Bindeglied zwischen dem alten Bund und dem beginnenden neuen Bund Gottes mit den Menschen. Er ist eine Art „religiöser Rebell“, der in kein bestehendes System passt. Er ist zwar gebürtig der Sohn eines Priesters und damit in jüdischer Tradition aufgewachsen. Aber er setzt dennoch nicht die Tradition fort, sondern wählt den Weg in die Wüste, den Weg der Reinigung. Aus der Wüste heraus predigt er dann allen Gesellschaftsschichten die Notwendigkeit der Umkehr angesichts des kommenden Gerichts. Den aufrichtig Betroffenen und Umkehrwilligen gibt er konkrete Tipps, die scheinheiligen geistlichen Leiter und religiösen Trendsetter greift er jedoch scharf an. Sogar König Herodes wird an dessen skrupellosen Ehebruch mit seiner Schwägerin erinnert. Das wiederum kostet Johannes letztlich seinen Kopf.

Im fünfzehnten Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter in Judäa war und Herodes Landesfürst von Galiläa und sein Bruder Philippus Landesfürst von Ituräa und der Landschaft Trachonitis und Lysanias Landesfürst von Abilene, als Hannas und Kaiphas Hohepriester waren, da geschah das Wort Gottes zu Johannes, dem Sohn des Zacharias, in der Wüste. Und er kam in die ganze Gegend um den Jordan und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden, wie geschrieben steht im Buch der Worte des Propheten Jesaja (Jesaja 40,3-5): „Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Steige eben! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden; und was krumm ist, soll gerade werden, und was uneben ist, soll ebener Weg werden, und alles Fleisch wird das Heil Gottes sehen.“ 
Da sprach Johannes zu der Menge, die hinausging, um sich von ihm taufen zu lassen: Ihr Otterngezücht, wer hat euch gewiss gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet? Seht zu, bringt rechtschaffene Früchte der Buße; und nehmt euch nicht vor zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken. Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt; jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. Und die Menge fragte ihn und sprach: Was sollen wir nun tun? Er antwortete aber und sprach zu ihnen: Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat; und wer Speise hat, tue ebenso. Es kamen aber auch Zöllner, um sich taufen zu lassen, und sprachen zu ihm: Meister, was sollen denn wir tun? Er sprach zu ihnen: Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist! Da fragten ihn auch Soldaten und sprachen: Was sollen denn wir tun? Und er sprach zu ihnen: Tut niemandem Gewalt noch Unrecht und lasst euch genügen an eurem Sold! Als aber das Volk voll Erwartung war und alle dachten in ihren Herzen, ob Johannes vielleicht der Christus wäre, antwortete Johannes und sprach zu allen: Ich taufe euch mit Wasser; es kommt aber der, der stärker ist als ich; ich bin nicht wert, dass ich ihm die Riemen seiner Schuhe löse; der wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen. In seiner Hand ist die Worfschaufel, und er wird die Spreu vom Weizen trennen und den Weizen in seine Scheune sammeln, die Spreu aber wird er mit unauslöschlichem Feuer verbrennen. Und mit vielem andern mehr ermahnte er das Volk und predigte ihm. Herodes aber, der Landesfürst, der von Johannes zurechtgewiesen wurde wegen Herodias, der Frau seines Bruders, und wegen all des Bösen, das er getan hatte, fügte zu dem allen noch dies hinzu: Er warf Johannes ins Gefängnis. 

Lukasevangelium, Kap. 3, V. 1-20
Denn Herodes hatte Johannes ergriffen, gefesselt und in das Gefängnis geworfen wegen der Herodias, der Frau seines Bruders Philippus. Denn Johannes hatte zu ihm gesagt: Es ist nicht recht, dass du sie hast.  

 Matthäusevangelium, Kap. 14, V. 3-4


Kommen wir ins Gespräch!

  • Johannes wie Jesus riefen zur Umkehr auf. Die Reformation begann als Umkehrbewegung (Erneuerungsbewegung). Immer wieder gibt es Zeiten, wo eine Umkehr von falschen Haltungen und Wegen nötig ist. Wo sind heute Umkehr und Erneuerung bei mir, in der Gemeinde und in der Kirche erforderlich?
  • In welchen gesellschaftlichen und politischen Bereichen müssen wir heute unsere Stimme erheben?

Bibelstellen nach: Luther (2017)

Der Beitrag erscheint Anfang Dezember unter der Überschrift „Johannes der Täufer: Auf der Schwelle zwischen gestern und morgen“ in der aktuellen GEISTESGEGENWÄRTIG „Schwellenzeit“.

Hier kostenfrei abonnieren!

Henning Dobers

Henning Dobers ist Pfarrer und 1. Vorsitzender der GGE Deutschland.

Alle Beiträge ansehen von Henning Dobers →

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie Consent mit Real Cookie Banner